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Ehemaliges Militärkrankenhaus in Niederschlesien
Es ist Samstagnachmittag. Die Sonne steht schon tief. Der Spätherbst präsentiert sich von seiner schönsten Seite. Wir haben eine größere Tour vor uns, weshalb wir schon heute aufbrechen. Wir fahren dem frühen Sonnenuntergang in Richtung Osten entgegen. Mit Liegnitz erreichen wir unser Ziel für den Abend. Die beschauliche kleine Altstadt macht es uns leicht, einen schönen Tagesausklang zu haben. Wir stellen fest, dass die Schlesier gut kochen und sehr schmackhaftes Bier brauen können. Überall freundliche Menschen, die uns mit herzlicher Gastfreundschaft begegnen.
Wir verbringen die Nacht in einem wunderschönen Hotel mitten in der Stadt – zu einem Preis, für den man sich als Gast fast schämt. Am nächsten Morgen, gestärkt mit einem fulminanten Frühstück, machen wir uns auf zu unserem eigentlichen Ziel.
Wir verlassen die Stadt entgegen der Beschilderung in Richtung Autobahn oder anderer größerer Fernziele. Kurz nachdem wir das Ortsausgangsschild passiert haben, finden wir uns auf einer schmalen und holprigen Landstraße wieder, die durch ein Waldgebiet führt. Vereinzelt zweigen Waldwege ab. Die Anzeige auf dem Smartphone-Navi sagt uns, dass wir nicht mehr weit von unserem Ziel entfernt sein können (wir verfügen natürlich auch über ein handelsübliches Navi, nur das Bordgerät lässt die Eingabe von GPS-Koordinaten nicht zu und das ehemalige Militärkrankenhaus hat keine eingabefähige Postanschrift). Und tatsächlich, eine fast zu übersehende, eingewachsene Straße führt noch tiefer in den Wald. Wir biegen ab. Laub und Äste liegen herum – nur ein wenig mehr als Schnittgeschwindigkeit. Völlig unvermittelt endet die Straße an einem großen grünen Stahltor, das uns nicht erkennen lässt, wie es dahinter weitergeht. Das kleine Wunderwerk der Technik im Taschenformat verrät uns aber, dass wir nur noch wenige Meter vom Ziel entfernst sind und dies genau hinter dem großen Tor liegt. Bestens! Den Wagen so weit wie möglich an der Seite abgestellt, geht es nun per pedes weiter, entlang einer alten, teilweise schon eingefallenen Mauer, sodass wir nicht lange nach einem Zugang zu dem weitläufigen Gelände suchen müssen. „Nehmen Sie hoch das Bein, treten Sie ein“ sage ich scherzhaft zu meiner Frau, die der Aufforderung und mir sogleich bereitwillig folgt. Ich schätze es so sehr, dass mich meine Frau immer wieder begleitet, ist sie mir überdies doch stets eine große Hilfe. Tja, liebe ist .... :-).
Vor uns tut sich ein riesiger Gebäudekomplex auf. Eine verlassene Kleinstadt mitten im Wald – mitten im nichts. Wir zögern nicht lange und gehen ins größte der Gebäude. Endlos wirkende sich kreuzende Flure, immer wieder gekachelte Räume und am Ende eines Flurs die ehemaligen OP-Säle. Über eines der Treppenhäuser gelangen wir in den Keller. Durch kleine Kellerfenster bricht immer wieder etwas Licht in die dunklen Gänge. In einem Raum eine Liege neben einem Kasten mit Schaltern und Hebeln aus dem zwei Kabel führen. Die hier ganz offensichtlich angewandte Therapieform lässt uns erschaudern. Wir ziehen es sodann vor, unsere Expedition über Tage fortzusetzen.
Etwas zurückversetzt fällt uns ein großes Gebäude auf, dem es an jedwedem Fassadenzierrat ermangelt und der Tageslicht nur über Aussparungen mit Glasbausteinen erhält. Im inneren kommen wir aus dem Staunen nicht heraus. Ein riesiges Schwimmbad. Das Becken ist zu etwa einem Viertel gefüllt mit soweit klarem Wasser, dass man den Boden erkennt, auf dem sich allerlei Unrat angesammelt hat – überzogen mit einer Schicht aus einer Art Moos und Algen. Die Vorstellung, aus Versehen hineinzufallen, überzieht meinen ganzen Körper mit einer Gänsehaut. Gibt es etwas grauenhafteres?
Wir schauen uns weiter um, entdecken noch viele Artefakte aus der Zeit, als hier noch Patienten eine Behandlung zuteil wurde.
Erst die langsam länger werdenden Schatten lassen uns aus diesem Rausch der Eindrücke heraus einen Blick auf die Uhr werfen. Es ist leider schon wieder Zeit, den Rückweg anzutreten, haben wir doch noch eine längere Strecke zu absolvieren. Also geht es den Weg wieder zurück zum Wagen, der uns wohlbehalten am Straßenrand wieder aufnimmt.
Zur zügigen Heimfahrt treibt uns nun die Neugier auf die fotografischen Ergebnisse – sehr gespannt wir sind.