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Verlassene Villa im Grenzgebiet des Erzgebirges
Am heutigen Sonntag geht's mal wieder ins nähere Umland - genauer ins Erzgebirge. Wenn man hierher fährt, verwundert es – also zumindest mich – dass dieser wunderschöne Landstrich nach all den Jahren nach der Wiedervereinigung touristisch immer noch so wenig erschlossen ist. Andererseits verleiht dies wiederum dieser schönen Landschaft, in die die Natur eine Topografie gezeichnet hat, als wäre es eine Auftragsarbeit für einen Postkartenverlag, einen ganz besonderen Charme. So ist viel Ursprünglichkeit geblieben. Tradition ganz ohne Folklore und touristischem Kitsch. Eine uns ganz besonders willkommene Folge dessen ist auch, dass man die verschiedenen Hinterlassenschaften aus der Zeit, in der die zwei Stücke unseres Landes wieder zusammengewachsen sind, in die man es einstmals schlug, so ließ, wie sie verlassen wurden. Ein besonders schönes Exemplar davon ist die herrschaftliche Villa, die wir heute besuchen wollen. Es geht über kurvige und enge Straßen, durch dichte Wälder und immer wieder kleine gemütliche Dörfer und Städtchen mit nach wie vor lebendiger stolzer Bergmanntradition. Glück auf! Wir kommen der tschechischen Grenze immer näher und damit unserem Ziel. Die kleine Grenzstadt empfängt uns in sonntäglicher Stille und Beschaulichkeit. Nur noch um ein paar Ecken und wir erreichen die kleine Straße, in der das herrschaftliche Anwesen liegt. Die breite Vorfahrt ist von der Straße getrennt durch ein großes, sehr aufwändig und kunstvoll verziertes schmiedeeisernes Tor. In seiner zwischenzeitlichen Verwitterung bietet sich mit dem wuchtig-düsteren Gemäuer im Hintergrund ein Bild wie in einem alten Edgar-Wallace-Steifen mit dem stets unwiderstehlich charmanten und unerschrockenen Fuchsberger, der allerdings so wenig britisch war wie eine Bratwurst. Nach einiger detektivischer Untersuchung des Anwesens ist dann auch ein einigermaßen bequemer Zugang gefunden. Wir sind überrascht! Ein Aufgangsportal, das einem Schloss zu Ehren gereichen würde. Wer hier einst gewohnt oder besser residiert hat, wollte beim Besucher keinen Zweifel daran lassen, was er hat - was er ist. Im wahrsten Wortsinne großartig! Wir sehen uns um, machen Fotos und genießen die morbiden Reste des einstigen Glanzes dieser Villa. Nachdem wir die schönsten Perspektiven im Kasten haben, machen wir uns mit bedacht auf den Rückweg. Auf der Heimfahrt versäumen wir nicht, in einer der kleinen Städtchen anzuhalten um bei einer gemütlichen Tasse Kaffee das eben erlebte in Ruhe setzen zu lassen. Wie sich doch umso mehr verändert, je mehr Zeit vergeht, denken wir uns. Dieses herrschaftliche Anwesen stand einmal nicht in einer Grenzstadt. Und die Stadt hatte einmal ganz andere wirtschaftliche Rahmenbedingungen. Jedenfalls solche, die es dem früheren Bauherren und Besitzer erlaubt haben, Reichtum und Wohlstand anzuhäufen, der weit gereicht hat, sich eine solch feudale Wohnstätte zu errichten. Es ist eben nichts ist für die Ewigkeit und vieles für eine weitaus kürzere Dauer, als einst gedacht, gewollt, geplant. Nur wer immer wieder loslassen kann, dem wird auch nichts entrissen.